Endlich Herbst


Im Garten fällt das erste Blatt. „Der Herbst streut weiße Nebel aus, es kann nicht immer Sommer sein.“*
Sanft treibt er die Kinder früh ins Baumhaus, die Füße kalt vom Abendtau.

 

Pfuuh, pfuuh, pfuuh. Wie kleine Lokomotiven stoßen die barfüßigen Abenteuerinnen Dampfwölkchen aus. Klamme Füße hasten die Wendeltreppe baumaufwärts. Von Gänsehaut begleitet wippen sie im Takt über die 13 Meter lange Hängebrücke. Auf und ab, auf und ab.

 

Der Dunst lichtet willkommen seinen Vorhang. Er enthüllt ein eine Eiche umschlingendes Baumhaus und verschluckt die wilde Bande in dessen Inneren. Dort wird in ihren Köpfen der Duft heißer Schokolade und frisch gebackener Pfannkuchen wach. Sofort werden warme Socken übergestreift, Wollpullover aus der Kiste gekramt, Thermosflaschen ausgepackt. Auf Schaffellen werden die Köstlichkeiten ausgebreitet. Von glühenden Mädchenwangen beschlagen die Fenster.

 

Satt wird spätabends in der Schlafloft im 2. Obergeschoß gelesen, gerauft, geweint, getröstet und … geschlafen.
Am nächsten Morgen gibt es feinen Regen, Nebel und umherstreifendes Damwild zum Frühstück. Während dem stärkenden Schmaus werden Pläne geschmiedet – dick eingehüllt in kuschlige Decken auf der überdachten Terrasse.

 

Die Anführerin nimmt den Ausgang über die Feuerwehrrutschstange. Die anderen verschwinden über die 70 Meter lange Seilrutsche im nebelverhangenen Wald. Von weitem hört man ein Jauchzen.

 

Im Garten fällt das zweite Blatt. Es darf jetzt endlich Herbst sein.

 

*Aus Hermann Hesses „Herbstbeginn“

 

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