Auf den Baum mit Hayo & Lisa
„Hayo hat sich auch gerade erst ein Baumhaus gebaut“ erzählt mir meine liebe Freundin Anna bei meiner späten Geburtstagsfeier im November. „Den müsst ihr unbedingt kennen lernen, ihr werdet euch sicher gut verstehen!“ Maschinenbauingenieur Hayo Stam ist vor sechs Jahren von den Niederlanden nach Österreich gezogen, um dort ein Gäste- und Seminarhaus aufzubauen. „In the Woods“ heißt ihr neues Konzept, das er jetzt mit seiner Partnerin Lisa Moser betreibt. Der beschützende Platz in der Natur und das liebevoll eingerichtete Haus geben Raum für Austausch, Unterstützung und Inspiration. Die Hüter des Platzes Hayo und Lisa laden ihre Gäste zu „einfach Sein“, Coachings, Seminaren & Seelenwanderungen ein. Sie sollen sich bei ihren Gastgebern wie zuhause fühlen. Wir haben Hayo und Lisa letztes Wochenende dort besucht. Denn seit letztem Jahr späht aus dem dichten Fichtenwald in Finsterau ein Baumhaus hervor. Hayo Stam hat es selbst gebaut und sich damit eine langjährige Vision erfüllt.
Hayo, wie ist die Idee zum eigenen Baumhaus entstanden?
Die Idee ist schon sehr früh entstanden. Als ich unser Waldgrundstück gesehen habe, habe ich hoch oben schon eine Plattform gesehen. Oder ein Nest mit Dach, aber offen. Ein paar Jahre hatte ich die Idee bereits im Kopf.
Wie hast du den geeigneten Platz für dein Baumhaus gefunden?
Das war einfach der sonnigste Platz des Grundstücks. Dort bin ich einen Baum raufgeklettert, habe von dort den Traunstein (Berg bei Gmunden, Österreich, Höhe 1692m) gesehen und wusste, da muss es stehen. Ich habe mir dann den Baum ausgesucht, der einen möglichst geraden Stamm hatte und stark genug war um das Baumhaus zu tragen.
Und mit wem hast du dein Projekt umgesetzt?
Mit meinem Neffen Twan hat die Idee erst so richtig einen Schwung bekommen. Er war öfter mit seiner Mutter und seinem Bruder bei uns zu Besuch. Dort haben wir immer wieder im Wald zusammen gearbeitet, Bäume umgehackt, Brennholz geschlagen und Lagerfeuer gemacht. Twan hatte viel Spaß an unserer gemeinsamen Arbeit. Als ich hörte, dass es ihm auf der Schule gerade nicht so gut geht, dachte ich mir es sei vielleicht eine schöne Idee das Projekt gemeinsam anzugehen. Er war sofort begeistert. Umgesetzt habe ich das Projekt halb mit Twan, halb mit meinem Vater, einem pensionierten Maschinenbauer, und zwischendurch auch alleine.
Arbeiten mit Papa, wie hat das geklappt?
Mein Vater hat in seiner Freizeit gerne Häuser umgebaut und von klein auf war ich immer mit dabei. Da habe ich sehr viel von ihm gelernt. Wir haben also schon viel miteinander gearbeitet, das können wir sehr gut. Und er hat auch sehr viele gute Ideen. Mit meinem Neffen Twan war die Zusammenarbeit etwas Neues. Bei ihm habe ich versucht, nicht zuviel vorzugeben, sondern ihn mitdenken zu lassen. Das war durchaus eine Herausforderung, da ich schon ganz klare Vorstellungen hatte. Schön war, dass auch er tolle Ideen hatte, wie zum Beispiel eine neue Technik zu entwickeln, wie man Bäume entrindet.
Und was waren eure ersten Schritte?
Als erstes habe ich Twan zu Baumhausideen befragt. Da er noch keine Erfahrung und Ahnung hatte, habe ich eine Computerskizze gemacht, wie ich mir das vorstellen könnte. Eigentlich bin ich von einem Bett ausgegangen. Und ich wollte es symmetrisch und simpel bauen. So ist langsam die Form entstanden. Und ich habe darauf geachtet, dass das Baumhaus innen trocken bleibt. Auch die Zugangsleiter kann man am Fuß aushängen, dann hängt sie direkt unter der Plattform und ist vorm Wetter besser geschützt. Die Vorbereitungen für die einzelnen Bauteile habe ich direkt am Fuße des Baumhauses getroffen.
Wie nutzt du dein Baumhaus?
Im Sommer haben wir darin geschlafen. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich mich dahin zurückziehe, z.B. zum Schlafen oder mit einem guten Buch. Eine Feuerstelle im Baumhaus zu haben wäre auch eine gute Idee.
Hat die Bauphase lange gedauert?
Neun Tage mit Twan, drei Tage mit meinem Vater und immer wieder ein paar Stunden zwischendurch alleine. Vielleicht zwanzig Tage insgesamt?
Und wie kann ich mir die Dimensionen vorstellen?
Das Haus steht auf sieben Meter Höhe und ist 3x3m groß.
Was für Erfahrungen hast du während der Bauphase gemacht?
Für mich war es ein großer Schritt und eine Überwindung, einen ca. 3o Jahre alten Baum umzusägen. Ich wollte mehr Platz machen für das Baumhaus, aber ich habe es fast nicht übers Herz gebracht.
Was ist das Besondere an deinem Baumhaus?
Das wir es selbst gebaut haben, der wunderschöne Ausblick auf den Traunstein und dass es offen ist. Ich mag es, wenn der Wind über mein Gesicht weht und ich von dort oben die Natur so direkt spüre.
Welche Tiere kann man von dort oben beobachten?
Beim Bau ist ein Bussard ganz nah an mir vorbeigeflogen. Und in der Nacht habe ich mal Rehe gehört, aber leider nicht gesehen.
Hattest du als Kind mal ein Baumhaus?
Nein, nicht so wie jetzt. Ein paar Bretter im Baum habe ich vielleicht mal montiert, aber man könnte das nicht wirklich Baumhaus nennen.
Kannst du dir vorstellen, permanent in einem Baumhaus zu wohnen?
Ja, ich glaube schon. Ich merke immer wieder, wie wenig wir eigentlich zum Leben brauchen. Wenn dieser Platz (das Gästehaus, indem das Paar auch selbst wohnt) nicht von unseren Gästen genutzt würde, wäre dieses Haus viel zu groß für mich.
Was möchtest du an deinem Baumhaus nicht vermissen?
Den Baum! (Lacht). Nein, ein Bett zum Schlafen, Sitzmöglichkeiten und eine natürliche Lichtquelle?
Welche Band spielt für dich am Fuße des Baumes?
Ich höre gerne die Waldkäuze im Frühling schreien. Ansonsten kann ich mir klassische, harmonische und ruhige Musik ganz gut vorstellen.
Welches Getränk würdest du deinen Baumhausgästen empfehlen?
Lärchen- oder Zirbenschnaps ist für mich der Oberhammer!
Und was würde als Baumhausproviant dazu passen?
Einen würzigen, alten Bergkäse!
Was wäre eine geeignete Baumhauslektüre für eine gemütliche Lesestunde?
Viktor Schauberger „Unsere Sinnlose Arbeit“. Das sagt schon viel. (Lacht)
Und wofür steht ein Baumhaus für dich?
Das erste was mir einfällt ist Freiheit. Und Einfachheit. Ein Lebensziel für mich ist auch, noch mehr anwesend zu sein. Als Kind war ich nicht sehr aufmerksam, meine Aufmerksamkeit war immer bei den anderen. Es war für mich sehr leicht mit anderen mitzufühlen, aber mich selbst habe ich nicht so gespürt. Das Leben ist wie ein Film an mir vorbeigelaufen. Das ist jetzt schon anders geworden. Jetzt erfahre ich das Leben viel direkter, ich fühle mich lebendiger.
PS.: Im Laufe des Gesprächs kommen wir auf die faszinierende Bedeutung seines Namens. Hayo bedeutet „umzäunter Platz“, Stam heißt „Stamm“. Fügt man die beiden zusammen, entsteht „umzäunter Stamm“. Ist ein Baumhaus nicht genau das, die Raumbegrenzung eines Baumes?
Fotos von Baumhausblog
Looking back on a very nice weekend 🙂
Schöner Baumhaus