FAQ 5# – Infos rund um den BaumhausBAUM


Die heutige FAQ-Folge widmet sich der Basis eines jeden Baumhauses: dem Baum. Gleichzeitig ist dieser Post unser erster Gastbeitrag, verfasst von dem großartigen Baumpfleger Casey Clapp, den wir bei der Baumhauskonferenz kennen gelernt haben:

„Hallo meine Freunde! Mein Name ist Casey Clapp. Ich bin beratender Baumpfleger aus Portland, Oregon, USA. Mein Unternehmen, Tree Solutions, Inc., arbeitet schon seit über 20 Jahren mit Konstrukteuren und Designern von Baumhäusern, Seilrutschen, Baumwipfelpfaden, darunter zahlreiche andere Arten terrestrischer Strukturen, zusammen.

Ich war in der glücklichen Lage an Bord des Unternehmens zu kommen und mit der Crew ein paar Jahre zu arbeiten. Dabei bin ich auch tiefer in die Baumhauskultur eingetaucht. Jetzt, als Baumpfleger, liebe ich es in und umgeben von Bäumen zu sein. Allerdings bin ich mir sehr wohl bewusst über die Auswirkungen von baumunterstützten Strukturen und wie diese den Baum beeinträchtigen.

Wie der Baumhausblog auch schon geschrieben hat: Das erste und Wichtigste, das man beachten sollte, wenn man ein Baumhausprojekt starten möchte, ist der Baum! So, hier ein paar Antworten zu häufigen Fragen rund ums Baumhausbauen. PS.: Viel Spaß und sendet die Fotos eurer Projekte!

FAQ#5

  1. Welcher Baum eignet sich am besten für Baumhäuser?
    Das ist eine knifflige Frage, aus mehreren Gründen. A: manche Baumarten eignen sich besser als andere; B: einzelne Bäume, egal ob sie nun für Baumhäuser geeignet oder nicht, können aus verschiedenen anderen Gründen nicht in Frage kommen. Ich fange mal mit A an.
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    A. Bäume wachsen und passen sich schon Jahrmillionen lang an Umweltbedingungen an. In dieser Zeit haben sie verschiedene Strategien entwickelt um sich gegen konkurrierende Bäume durchzusetzen. Manche wachsen schnell und haben ein kurzes Leben bevor der Zerfall einsetzt. Diese Bäume fokussieren ihre Energie meistens auf schnelles Wachstum. Sie achten weniger darauf, Fäulniserreger abzuwehren oder robuste Strukturen zu bilden. Ähnlich wie der sagenhafte Feldhase konzentrieren sie sich darauf so schnell wie möglich ihr Saatgut zu verbreiten.
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    Auf der anderen Seite gibt es Bäume, die ein wenig langsamer wachsen und mehr Energie aufwenden um Fäulnis abzuwehren. Sie bilden eine lange haltbare Struktur. Diese zweite Baumart ist wonach du Ausschau halten solltest.
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    Jedes Mal wenn du einen Baum für ein tragendes Element anbohrst, verwundest du den Baum indem du seine Kambiumschicht unterbrichst. Diese ist das „Gefäßsystem“ des Baumes, das sich gleich hinter der Rinde befindet. Der Baum reagiert auf die Wunde indem er den Bereich unter Quarantäne stellt. Diesen Prozess nennt man „Kompartimentierung“. Bäume die das gut draufhaben, oder diejenigen mit natürlicher Fäulnisbeständigkeit, sind wahrscheinlich die bessere Wahl für dein Baumhaus.
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    Bäume, die nicht gut kompartimentieren können tendieren dazu, Fäulnis entlang der Wunden zu erzeugen. Zum Beispiel da, wo dein Träger mit dem Baum verbunden ist, was gar nicht gut wäre. Oder sie bilden Hohlräume, die durch Fäulnis hervorgerufen werden. Das wiederum reduziert die Lebensdauer deines Baumhauses.Baumarten wie die meisten Eichen, Douglasien, Hickorynussbäume, mehrere Kiefernarten und Zedern sind eine gute Wahl. Weiden, Erlen, Linden und Pappeln eignen sich hingegen weniger gut.
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    B. Die Struktur des individuellen Baumes ist besonders wichtig. Auch wenn du eine geeignete Baumart wählst, kann ihre individuelle Form sie ungeeignet machen. Wenn zum Beispiel bereits Fäulnis im Stamm oder Ästen besteht, der Baum um den Großteil seiner Krone beraubt, radikal beschnitten wurde oder er einfach noch zu klein ist, kann es sein dass er nicht lange mit einem schweren Haus auf dem Buckel überleben wird.Untersuche den Baum daher auf große Neigung, eingeschlossene Rinde in einem Zwiesel, Risse oder Hohlräume im Stamm, als auch auf seine generelle Gesundheit und Vitalität. Das klingt jetzt kompliziert, ich weiß, deswegen empfehle ich immer einen qualifizierten Baumpfleger in der Gegend zu finden, der deinen Baum auf Herz und Niere prüft. Nur dann kannst du dir sicher sein, dass deine 30.000 Dollar Investition auch auf einem gesunden, stabilen Fundament steht.
  1. Was sollte ich über meinen Baum wissen?
    Zuerst solltest du wissen, welcher Baumart er angehört. Das hilft dir, mehr über seine Merkmale zu erfahren. Zum Beispiel weißt du dann, ob dein Baum Fäulnis gut kompartmentalisieren kann, er eher eine kurze Lebensdauer hat, ob er später Probleme entwickeln wird, oder ob er eine starke Rinde hat und so weiter.
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    Zweitens möchtest du wissen wie Bäume wachsen, leben und sterben. Bäume sind faszinierend erfinderisch, sie reagieren auf die Reize ihrer Umwelt, ob es nun ein Baum ist der zu ihren Füßen fällt und mehr Licht freigibt, oder ein Mensch, der ihn anbohrt. Wenn du diese Prozesse verstehst, kannst du viel besser mit ihnen arbeiten und nicht gegen sie.
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    Stelle dir die Kambiumschicht des Baumes wie die Blutzirkulation des Baumes vor. Sie transportiert Nährstoffe und Wasser vom Grund und Zucker und Stärke von den Blättern. Wenn du diese Schicht unterbrichst oder komplett abtrennst, ist es als ob du den Baum strangulierst oder ihn um einen Teil seiner Blutzufuhr beraubst. Das zu verstehen ist sehr wichtig. Es bedeutet, dass du die Anzahl der Löcher im Baum reduzierst und sicherstellst, dass der Baum nicht mit dem Baumhaus verwächst.
  1. Wie schütze ich den Baum in der Bauphase?
    Die Bauphase ist diejenige wo du am ehesten deinen Baum verletzen wirst. Das erste woran du denken solltest ist, dass Bäume mit einer viel größeren Zeitspanne arbeiten als wir. Das bedeutet, dass etwas, das den Baum heute stresst oder verletzt, sich jahrelang nicht in seiner Gesundheit bemerkbar macht. Aber wenn es erst Jahre später erkannt wird, ist es of schon zu spät. Hier ein paar Tipps, die du beim Baumhausbauen beherzigen solltest:
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    Schütze die Wurzeln!
    Diese verborgenen Teile sind für die Baumgesundheit am wichtigsten. Bedenke dies: viele Arten werden, wenn du einen Baum fällst, wieder vom Baumstumpf aus austreiben und weiterleben. Aber wenn du den gefällten Baum nimmst und neu einpflanzt, wird er sehr schnell sterben, weil ihm die Wurzeln, die das Leben des Baumes mit Wasser und Nährstoffen unterstützen und wo Zucker und Stärke für späteren Gebrauch gespeichert werden, fehlen. Schütze die Wurzeln und es ist sehr viel wahrscheinlicher, dass dein Baum den Bauprozess überleben wird.
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    Die Hauptsache ist: vermeide, dass sich die Erde zu sehr verdichtet. Bevor du also mit der Konstruktion startest, verteile großzügig Holzhackschnitzel bzw. Rindenmulch um den Fuß des Baumes und überall dort wo eine Zugangsstelle zum Baumstamm sein wird. Lasse nichts und niemanden außerhalb dieses Bereiches gehen. Lege circa 10 bis 15 Zentimeter an Rindenmulch aus. Ich empfehle meistens Sperrholzplatten auf den Mulch zu legen um das Gewicht von Menschen und Material noch besser zu verteilen.
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    Bedenke auch, dass der Großteil der Wurzeln nur 30 bis 50 Zentimeter unter der Erde wächst. Die Bodenverdichtung verringert die Fähigkeit des Baumes Nährstoffe, Wasser und Sauerstoff aufzunehmen. Das sind alles wichtige Dinge für die Gesundheit der Wurzeln und des Baumes. Wenn du die Wurzeln nicht schützt, erhältst du eine wunderbare Struktur in einem extrem gestressten Baum. Das würde im extremsten Fall zum Tod des Baumes führen oder einer sehr langen Erholungszeit.
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    Schütze die Rinde!
    Die Kambiumschicht ist die Lebensversicherung des Baumes. Sie verbindet jede Wurzel mit jedem Blatt und jedem dazwischenliegendem Stammgewebe. Wenn diese beeinträchtigt wird, wird der Baum in seiner Entwicklung zurückgeworfen. Das bedeutet, dass du dem Baum so wenige Löcher wie nötig zumuten solltest. Für die Gesundheit des Baumes, ist in dem Fall weniger mehr.
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    Wenn du die Struktur montierst, achte darauf, dass du damit die Rinde nicht verletzt. Ich empfehle regelmäßig, einfach die Rinde und Hauptäste mit Holzplanken oder dickem Stoff zu umhüllen, um die Rinde vor Verletzungen von Maschinen oder Baumaterial zu schützen.
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    Entferne so wenige Äste wie möglich!
    Blätter sind die Nahrungsproduzenten der Bäume. Jedes Mal, wenn du einen Ast entfernst, entfernst du ein Stück weit die Fähigkeit des Baumes sich zu ernähren. Weil du ja schon ein ordentliches Gewicht in den Baum hängst, der Rinde Wunden zufügst und ein paar Äste entfernen wirst, braucht der Baum seine gesamte Energie die er produzieren kann, um verwundete Stellen zu verstärken, Fäulnis zu bekämpfen und seine Fähigkeit zu unterstützen, solch eine neue und plötzliche Last in seiner Krone zu tragen.
  1.   Was kann ich tun um meinen Baumhausbaum gesund zu halten?
    Das Beste, was du tun kannst, ist den Baum bei deinem Design und Konstruktionsprozess an erste Stelle zu stellen. Der Baum kann und wird sich selbst versorgen, egal ob er ein Baumhaus trägt oder nicht. Es kommt wirklich darauf an, den Baum bestmöglich während der Montage des Baumhauses zu schützen und zu verstehen wie ein Baum funktioniert.
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    Ein Baum braucht lockere Erde, Nährstoffe, Wasser, Sauerstoff und Licht um bestmöglich zu funktionieren. Letzten Endes geht es darum, den Wuchsraum des Baumes zu schützen. Störe den Boden unterhalb des Baumes deshalb so wenig wie möglich und verwende dort Mulch um die Erdverdichtung zu begrenzen. Weiters bietest du so dem Erdreich kompostierbares Material, so dass es ein paar extra Nährstoffe bekommt. Und bohre den Baum so wenig wie möglich an.
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    Stelle sicher, dass du für das zukünftige Wachstum des Baumes sorgst. Bäume produzieren jedes Jahr neue Wachstumsringe und dehnen sich strahlenförmig aus. Das bedeutet, dass wenn der Baum wächst und plötzlich mit der Struktur in Konflikt steht, du die Konstruktion deines Baumhauses verändern können solltest um das Baumwachstum zu ermöglichen.Wenn du dein Baumhaus nicht anpassungsfähig gestaltest, endest du damit den Baum zu strangulieren und damit erhebliche Wachstumsschäden zu verursachen. Oder der Baum wird langsam die Standfestigkeit des Gebäudes beeinträchtigen, indem er die Struktur auseinander schiebt, oder noch wahrscheinlicher: beides.
  1. Welches Buch über Bäume würdest du mir zu Beginn empfehlen?
    Als erstes würde ich dir empfehlen „The Body Language of Trees“ zu lesen. Oder „Stupsi Explains the Tree: A Hedgehog Teaches the Body Language of Trees“, beide von Claus Matthek. Diese beiden Bücher leisten großartige Arbeit indem sie erklären, wie Bäume funktionieren und worauf man achten muss, wenn man die Gesundheit und Struktur eines Baumes einschätzen möchte.
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    Als nächstes empfehle ich sehr „The Tree“ von Colin Tudge zu lesen. Dieses Buch wurde letztens schon im Baumhausblog empfohlen, mit gutem Grund. Dieses Buch erklärt ebenfalls wie Bäume funktionieren und gibt dem Leser eine Idee davon, wie unglaublich faszinierend diese Organismen eigentlich sind. Wenn du Bäume und ihre Art zu leben nicht respektierst, wirst du das spätestens nach dieser Lektüre tun.
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    Aus der Sicht des Baumes wären dies die Bücher für den Einstieg. Ein grundlegendes Verständnis für die Funktions- und Lebensweise der Bäume wird dein Baumhausprojekt auf einen guten Weg bringen.“

    Deine Frage war nicht dabei? Schick’ sie uns an diese Adresse, dann nehmen wir sie in unseren FAQ-Katalog mit auf!

    Hier geht’s zu FAQ#1FAQ #2, FAQ #3, und FAQ #4,

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    Fotos mit freundlicher Genehmigung von Casey Clapp

 

3 Comments

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  1. 1
    Barbara Klar

    Hallo Christopher,
    gerade bin ich über die Baumbaron Seite zu Deiner Seite gekommen und bin ganz verzückt einem Profi schreiben zukönnen. Vielleicht kannst Du mir kurz einen Tipp geben. Ich durchforste gerade das Netz wegen einer technischen Frage beim Baumhausbau. Wir bauen auf meinem Grundstück im Süden der Steiermark nun schon seit einer Weile (immer nur im Urlaub; zwar handwerklich begeistert aber nicht unbedingt versiert; normal nicht mit Händen arbeitend daher eher zögerlich/grüblerisch….) ein kleines Baumhaus auf einer Plattform. Im Augenblick steht nur die Plattform. Ich frage mich nun, wie man es schafft, das an der Außenhaut/Verschalung herablaufende Regenwasser bzw event. Schneeschmelzwasser daran zu hindern an der Stelle, wo die Wandkonstruktion des Baumhauses auf der Plattform steht, an die innere Wandkonstruktion zu kommen bzw unter der, die Wand tragende Leiste durchzufließen, bzw diese nach und nach anzufaulen.
    Hm, ich hoffe Du verstehst was ich meine 🙂 Es wäre toll eine kurze Antwort zu bekommen, ob es da einen Profitipp vom Praktiker gibt. Eilt nicht so mega, bei der Witterung ist erstmal kein Baumhausbau…Vielen Dank und liebe Grüße Barbara (auch vom Baumhausvirus infiziert).

    • 2
      richterc2013

      Hallo Barbara,

      vielen Dank für Deine Nachricht! Ich weiss ja nicht genau, wie euer Baumhaus aussehen soll, aber grundsätzlich würde ich empfehlen:

      – die Aussenschalung mit einer Tropfkante versehen (Aussenseite länger als innen) und insgesamt länger überstehen lassen
      – evtl. das Baumhaus auf einer wasserdichten Folie bauen, die seitlich hochgeschlagen wird, so steht alles in einer trockenen „Wanne“
      – zwischen Boden und Wänden eine Lücke lassen als Ablaufmöglichkeit für Regen/Schnee

      Das sind so Dinge die wir bei Bedarf machen, um die Lebensdauer unserer Baumhäuser zu erhöhen.
      Ich hoffe ich konnte Dir helfen,

      viel Spaß weiterhin beim Bau und schick doch mal Bilder wenns fertig ist! Vielleicht ists ja was für unseren Blog:)

      Liebe Grüße aus München,
      Christopher

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